Das Spiel mit den Nerven

Nach der Entlassung vom Krankenhaus blieb die Ungewissheit, was völlig unbeobachtet in meinem Bein herangewachsen war. War der Tumor gut- oder bösartig? War die Angelegenheit mit der Operation überstanden oder musste ich weitere Behandlungen über mich ergehen lassen? Werden die Ärzte die Dosierung der Medikamente soweit hinbekommen dass ich wieder komplett schmerzfrei sein kann und falls ja, wie lange wird es dauern?

Alles Fragen auf die ich bei der Entlassung noch keine Antwort hatte. Am meisten beschäftigte mich aber die Frage nach dem Tumor; was genau ist es für einen Tumor und wie wird es behandelt. Ist das jetzt nun Krebs oder was genau ist es??

Plötzlich waren die 7-10 Tage vorbei die mir für die Untersuchung des Gewebes durch die Pathologie genannt wurden und ich wurde von da an nur noch nervöser. Die Ärzte vom Tumorteam hatten mir gesagt sie melden sich sobald die Ergebnisse da sind aber irgendwie meldete sich 12-14 Tage lang kein Mensch.

Also fing ich an telefonisch zu nerven. Ich rief jeden Tag im Krankenhaus an und wollte wissen was jetzt Stand der Dinge ist. Dann konnte ich endlich mit dem Arzt sprechen der mich damals auch aufgenommen und operiert hatte. Und zu meinem Bedauern, hörte er sich gar nicht mehr so zuversichtlich an wie bei den ersten Gesprächen. Plötzlich merkte ich wie ihm jedes Wort schwer fiel und Unsicherheit sich breit machte.

Ich habe in diesem gesamten Zeitraum bis die Ergebnisse der Pathologie endlich da waren, bestimmt um die 5-6 Mal mit ihm telefoniert und ich bin ihm auch noch heute dankbar dass er soviel Geduld mit mir hatte.

Irgendwann traute er sich doch es mir zu sagen, dass die Pathologie der Uniklinik Bonn wohl selbst Ergebnisse bekommen hatte die nicht eindeutig waren und man mir deshalb noch keine genauere Antwort geben wolle. Mir wurde gesagt man habe es zu einem externen Labor wegschicken müssen um eine 2. Meinung einzuholen. Bis dahin sollte ich mich gedulden, es könnten zwischen 3-6 Wochen vergehen.

Ja, Ihr habt richtig gelesen… 3-6 Wochen des Wartens und Bangens wie es denn weitergehen würde.

Und ich fragte mich wie es sein kann dass das Universitätsklinikum in Bonn, die extra ein Team aus Spezialisten im Fach Tumore beschäftigt und hier in der Bonner Gegend DIE Anlaufstelle für Tumore ist, eine 2. Meinung einholen muss. Ist mein Tumor wirklich so ungewöhnlich dass eine externe 2. Meinung eingeholt werden muss??

Mittlerweile war es Mitte Dezember und ich merkte wie meine Nerven ein böses Spiel mit mir trieben. Es war kaum auszuhalten nicht zu wissen was da aus einem rausgeholt wurde und ob die 10% die noch drin sind, drin bleiben oder nicht.

Die Schmerzen waren leider auch nicht so leicht unter Kontrolle zu bringen wie ich gedacht habe. Die Dosierung der Medikamente funktionierte irgendwie nicht und obwohl ich langsam auf das Maximum der erlaubten Dosis stieß, hatte ich immer noch Schmerzen. Die Elektroschocks im Fuß hörten nicht auf und ich war langsam, mal wieder, fast am Verzweifeln.

Diese ständige Anspannung in der sich der gesamte Körper befindet, weil die Schmerzen sporadisch kommen und ohne Grund ausgelöst werden könnten, haben mich zermürbt. Tags- und nachtsüber fand ich einfach keine Ruhe weil mich dieser Zustand wahnsinnig gemacht hat.

Die Psyche hat extremst gelitten und das hat meine Familie bzw. meine Umgebung massiv zu spüren bekommen. Ich sah mich teilweise selbst als ein “von Schmerzen kontrollierter Zombie” dem nur wichtig war die nächste Schmerzattacke lange hinauszuzögern und zu überstehen. Alles andere war mir egal und ich hatte auch gar keinen Kopf mich damit zu beschäftigen. Es interessierte mich schlichtweg nicht was um mich herum passierte. Schon die kleinste außerplanmäßige nervliche Belastung, brachte mich zum explodieren und zum verzweifeln. Leute die mich kennen verstanden, was in mir vorging und haben trotzdem niemals aufgehört mich zu unterstützen. Andere, tja… Andere gehören einfach nicht mehr zu meinem Leben und das ist auch besser so.

Danke an dieser Stelle an meinem “Bro” Stefan für die unzähligen Gespräche in denen er mich wieder aufgerichtet und motiviert hat.

Die Tage vergingen und dann stand plötzlich Weihnachten vor der Tür und ich hatte immer noch keine Ergebnisse. Ihr könnt euch vorstellen wie die Feiertage entsprechend ausgefallen sind. Zwischen den Feiertagen telefonierte ich noch mal mit dem Arzt und er versprach sich nach Neujahr drum zu kümmern, dass endlich alles geklärt wird. Das versprochene hielt er dann auch ein und am 6. Januar 2014 hatte ich endlich schwarz auf weiß um welche Art von Tumor es sich handelt.